HR Barcamp 2014 – oder auch „#hrbc14“ – das war der hashtag auf Twitter zum gerade erlebten HR Barcamp 2014 in Berlin. Letztes Jahr gab es 900 tweets. „Werden wir das dieses Jahr toppen?“, fragte Christoph Athanas gleich zu Anfang. Kein Problem. Am Ende wurden es mehr als 1900!! Aber hey, beim HR BarCamp geht es nicht um Zahlen. Wenn schon, dann eher um BigData in HR. Und es geht auch nicht um tweets. Eher um Mobile Recruiting. Und auch nicht darum, einfach hip zu sein, indem man twittert. Sondern um kleine Schritte zur Innovation. Aber der Reihe nach.

Berlin ist bekanntlich immer eine Reise wert. Erst Recht, wenn Jannis Tsalikis und Christoph Athanas zum HR Barcamp rufen. Haben sich außer mir noch ganz andere HR’ler gedacht – und wer rechtzeitig eins der begehrten Tickets ergattern konnte, war dabei. Eine bunte Truppe aus HR’lern und HR-Dienstleistern, von namhaften Konzern- oder anderen „Marken“Unternehmen genauso wie aus dem kleinen, „unbekannten“ Mittelstand. Vor allem Recruiter und Personalmarketer, einige HR Generalisten, wenig Personalentwickler. Sogar mindestens eine Juristin … Und viele Impulsgeber, die Themen für mögliche Sessions vorschlugen. Spannende Themen, leider war durch die Kürze der Vorstellung (max. eine Minute Zeit) und der Reduzierung auf einen Titel nicht immer ganz klar, was sich dahinter verbirgt. Und manchmal hatte ich den Eindruck, das wusste so mancher „Sessionleiter“ vorher selber nicht. Machte aber (fast) nix, denn die Inhalte und Schwerpunkte sollen sich ja aus der gemeinsamen Interaktion ergeben. Da gab es „Mobile Recruiting funktioniert … nicht“, die „Candidate Experience & One-Click-Bewerbung“, „Führungsarbeit statt Führungskräfte“, „Der heiße Scheiß der Personaler & das Recht“, „Trennungsmanagement 2.0“ und vieles mehr. Natürlich konnte es sich die „Kreativ-Abteilung“ aus den Herren „pm2null“ Henner Knabenreich, „Frechmut Buckmann“, „Fliegerlotse“ Florian Schrodt und „TK Jung“ Jürgen Sorg nicht nehmen lassen, ein Thema ohne Inhalt, „aber mit tollem Titel“ auf dem Markt zu werfen und dann „das total verrückt HR Taxi“ auch tatsächlich umzusetzen. Wie immer eine Liga für sich, meine ehrenwerten Gentlemen.

 

HR Barcamp 2014 – Candidate Experience und Mobile Recruiting

Über die meisten Themen lässt sich (finde ich) sagen, das so richtig richtig Neues für viele von uns nicht dabei war (hoffe, damit komme ich jetzt nicht zu arrogant rüber …). Aber auch das ist ja schon einmal eine wichtige Erkenntnis: Die Entwicklungen des Marktes laufen nicht an uns (HR Barcamp-Besuchern) vorbei! Sehr beruhigend. Dominik A. Hahn konnte uns im Gegenteil sogar beweisen, dass manch innovative HR Aktion „am Bewerber vorbeigeht“. Mobile Recruiting ist so ein Beispiel. Von der Allianz imposant umgesetzt und durchaus medial in der Szene zu Recht als Vorzeigebeispiel verkündet, entpuppt sich das Projekt in der Praxis als nicht relevant (Dominik hat dazu prompt eine „Gegendarstellung“ geschrieben: Es ist noch nicht relevant! Mehr dazu in seinem Artikel).Das Problem ist dabei nicht die Technologie, wie mancher Unbedarfte von uns wohl meinen würde. Eine funktionierende, auch umfangreichere Lösungen ist technisch in ein paar Wochen umgesetzt. Das Problem sind die User. Als da wären Recruiter, Hiring Manager und Bewerber. Da haben alle Beteiligten überhaupt noch nicht verstanden, was der Gedanke hinter Mobile Recruiting ist. Oder wollen es vielleicht auch gar nicht? Für die Jobsuche und Informationsbeschaffung ist Mobile Recruiting akzeptiert. Was die eigentliche Bewerbung angeht, gehen die Anwendungsfälle in der Praxis aber auf jeden Fall gegen Null. Es werden wohl noch einige Jahre ins Land gehen, bis sich hier etwas ändert. Naja, ich werde auf jeden Fall bei meinem Vortrag „Bewerbung der Zukunft“ an der Uni Mannheim versuchen, zumindest die jungen Bewerber hier aufzuschlauen.

Offensichtlich sehr lustig, aber auch inhaltvoll, verlief die Session zum Thema „Candidate Experience & die One-Click-Bewerbung“. Und zeigte, dass der gesunde Menschenverstand und das „zuEndeDenken“ im Recruiting keine Selbstverständlichkeit sind. Wie sonst kann es sein, dass potentielle Bewerber verzweifelt den „Karrierebutton“ suchen müssen? Oder das Unternehmen einen QR Code zum Informieren über das Smartphone anbieten, die landing page aber nicht mobil optimiert ist. Der Nebel des Grauens zeigt mal wieder seine wabberne Fratze – alle möglichen Recruiting- & Employer Branding Maßnahmen werden losgetreten, aber die Summe scheint irgendwie dunstig verschleiert und undurchsichtig – keiner blickt mehr durch. Das zeigte sich auch bei der Diskussion zum Thema „Big Data in HR“ (mehr zu dem Thema im Artikel von Volker Seubert). Erkenntnis: Viele Unternehmen kennen noch nicht mal die Klick-Raten auf ihrer Karriereseite. Oder wieviele Bewerber sie über welchen Kanal bekommen und eingestellt haben. Externe Anbieter können oft bessere Reports für einen Kunden ziehen als der Kunde selber. Zumal auch noch die Datenerhebung auf unterschiedliche Abteilungen verteilt ist. Klar, dass hier viele unklar ist, oder?

HR Barcamp 2014 und „Vergesst HR – im Recruiting“

Was für mich immer wieder deutlich wird: HR mag in administrativen Prozessen top sein. Und kann auch ganz tolle Employer Branding Aussagen formulieren. Aber für das Recruiting als Gesamtprozess gilt das noch lange nicht. Erst Recht nicht in „engen Märkten“. Ich bin mir noch unsicher, woran das liegt. Zum Einen daran, dass HR nach wie vor in den meisten Unternehmen wenig Akzeptanz im Management hat. Zum Anderen aber vielleicht auch daran, dass HR sich noch verbissen an eine Kompetenz klammert, die es nicht hat? Aus Angst, dann überfüssig zu sein? In der Session „Employees first“ ging es darum, die Mitarbeiter und Führungskräfte als Markenbotschafter des Unternehmens zu gewinnen. Da mir rein passte auch mein Ansatz „Vergesst HR – im Recruiting“. Leider kamen wir nicht so richtig weit, aber eins wurde in der Diskussion deutlich: In engen Märkten sind die Führungskräfte die entscheidenen Erfolgsfaktoren. Wenn sie sich engagieren, wenn sie präsent sind, wenn sie ihre fachliche Kompetenz zeigen – dann wird im Recruiting vieles einfacher. Dann muss HR „nur noch“ bündeln, verstärken, unterstützen. Hier würden uns allen ein objektiverer Blick und etwas mehr Gelassenheit gut tun. Recruiting ist kein Sprint, sondern ein Dauerlauf. HR wird als Unterstützer nicht überflüssig werden – die Schlüsselrolle hat HR aber im Recruiting nie gespielt und wird es auch in Zukunft nicht. Wenn alle Seiten das akzeptieren, muss vielleicht auch keiner mehr so tun als ob – was einiges einfacher machen würde.

Was bleibt vom HR Barcamp 2014 über? Neben vielen tollen Begegnungen mit richtig netten, lustigen, kompetenten Menschen die Erkenntnis, dass wir zumindest im Recruiting alle nur mit Wasser kochen – und alle ähnliche Probleme haben. Auch auch die Erkenntnis, dass es himmelweite Unterschiede gibt, wie (un)professionell die Unternehmen im Recruiting agieren. Während viele HR Barcamp Teilnehmer „ganz weit vorne“ dabei sind, dümpelt der ganze große Rest der Arbeitgeber noch im Recruitingmittelalter vor sich hin. Dass dieser Teil der Unternehmen dann von einem „Fachkräftemangel“ spricht, dürfte nicht verwundern.

Wollen Sie noch weitere, detaillierte Einblicke vom HR Barcamp bekommen? Im Blogartikel vom networkfinder Michael Rajiv Shah oder vom Organisator Christoph Althana auf seinem MetaHR Blog sind ein paar weitere Artikel aufgelistet. Und nicht nur dort. Am einfachsten bei Twitter mit #hrbc14 suchen. Es lohnt sich.

Beste Grüße,

Ihr Henrik Zaborowski